Tagung Fremdplatzierung – ein Rück- und Ausblick
Was die Praxis erlebt, bestätigt die Forschung: In Kinder- und Jugendheimen leben immer mehr junge Menschen mit psychischen Erkrankungen. Das Tagungsthema «Kinder und Jugendliche zwischen Heim und Psychiatrie – Nahtstellen in der ausserfamiliären Betreuung» hat deshalb am 8. März insgesamt 225 interessierte Fachleute an die Integras-Tagung Fremdplatzierung nach Bern gerufen. Referate und Dialogforen ermöglichten Einblicke in verschiedene Spezialgebiete und spannende Aha-Momente.
Kinder und Jugendliche mit psychischen Auffälligkeiten sind in ein Netzwerk eingebunden, das sich aus vielen verschiedenen Fachpersonen zusammensetzt. Deren Kommunikation untereinander hat einen hohen Stellenwert. An der Tagung wurde die Vielfältigkeit der Schnittstellen deutlich: Einerseits müssen Heime mit Psychiatern zusammenarbeiten, andererseits müssen sie Verbindungen zu sozialpädagogischen Familienbegleitungen, zum Kindesschutz und zu berichterstattenden Medien herstellen. Um eine ganzheitliche Unterstützung und Versorgung der betroffenen Kinder und Jugendlichen sicherzustellen, muss auch das erweiterte Umfeld der Kinder miteinbezogen werden: Lehrkräfte, Therapeut*innen, Hausärzt*innen und Fachpersonen aus dem sozialen Umfeld.
Die Tagung hat gezeigt, dass für eine gelingende Schnittstellenarbeit eine Kultur des Dialogs sowie klare Regelungen bezüglich Verantwortlichkeiten, Rollen und Aufgaben erforderlich sind. Es wurde deutlich, dass die Schnittstellenarbeit nicht nur auf formaler, sondern auch auf persönlicher und zwischenmenschlicher Ebene stattfindet. Der Austausch von Erfahrungen, Wissen und Perspektiven zwischen den Fachpersonen ist entscheidend für eine ganzheitliche und effektive Betreuung. Dies umfasst den Austausch von relevanten Informationen, gemeinsame Ziele sowie die kontinuierliche Überprüfung der Maßnahmen und Fortschritte. Fortbildungs- und Schulungsmassnahmen können dazu beitragen, die Kompetenzen der beteiligten Fachpersonen in der Schnittstellenarbeit zu stärken und eine gemeinsame Basis für die Zusammenarbeit zu schaffen.
An der Tagung wurden innovative Ansätze diskutiert, insbesondere wie sich die Rolle und das Selbstverständnis der «Heime» aufgrund der aktuellen Herausforderung verändern soll. Es wurde also versucht über den Tellerrand zu schauen. Die Teilnehmer*innen haben sich die Frage gestellt: Wer ist in der Lebenswelt der Adressat*innen von zentraler Bedeutung für einen positiven und nachhaltigen Unterbringungsverlauf? Wie uns die Forschung bestätigt, sind es insbesondere Schnittstellen zwischen den Heimen und den Peers wie auch den Angehörigen der Adressat*innen. Wenn wir also über Schnittstellen im Sinne des Kindeswohls sprechen, sollten diese mitbedacht und gepflegt werden.
Es wurde leider ebenfalls deutlich, dass es an grundlegenden zeitlichen und finanziellen Ressourcen mangelt. Das Versäumnis, gute Schnittstellen herzustellen, bedeutet somit, dem Kindeswohl nicht gerecht zu werden. Die interdisziplinäre Arbeit bleibt ein Kernthema bei Integras, das weiterverfolgt wird, um eine optimale Versorgung der betroffenen Kinder und Jugendlichen sicherzustellen.
Integras und die SGKJPP veröffentlichen neue Standards