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«Hört mir zu!»

MUSKEPEER, Heimkinder, Careleaver. Während der Integras-Tagung in Brunnen konnte die Ausstellung «MUSKEPEER, HEIMKINDER, CARELEAVER» besucht werden. Zwei Careleaver und ein Sozialpädagoge waren mit der Ausstellung aus Dresden angereist und als Experten in eigener Sache anwesend. Weil Integras die Ausstellung und insbesondere das Positionspapier der Ausstellungsmacher sehr direkt und wertvoll scheint, «drucken» wir es hier in voller Länge ab.

 

Sagt Björn Redmann, Sozialpädagoge und Gesamtkoordinator des Kinder- und Jugendhilferechtsverein e. V. dazu: «Unsere Ausstellung wurde von den anwesenden Teilnehmer/innen der Fachtagung mit viel Interesse angeschaut und es haben sich viele Gespräche mit den Careleaver und Macher/innen der Ausstellung ergeben. Dabei wurde immer wieder respektvoll zurückgemeldet, dass die Jugendlichen sich so offen äussern. Wir glauben, dass es viele Kolleginnen und Kollegen in der Schweiz dazu angeregt hat, über die eigene Praxis nachzudenken; jedenfalls zeugten die Äusserungen davon. Wir selbst haben viel gelernt über die Kinder- und Jugendhilfe der Schweiz und möchten das gern im kommenden Jahr mit einer Begegnung von schweizer und deutschen Fachkräften und Careleaver vertiefen. Erste Einladungen dazu aus der Schweiz haben wir schon.»

muskepeer

Positionspapier von MUSKEPEER

Beteiligung ernst nehmen!
Jugendliche aus Heimen und Wohngruppen fordern ...

Wir sind 18 junge Menschen im Alter von 14-19 Jahren aus acht sächsischen Heimen und Wohngruppen und nehmen an dem Beteiligungsprojekt «Muskepeer 2016» vom Kinder- und Jugendhilferechtsverein teil (www.muskepeer.de).

Beteiligung ist für uns freiwilliges Mitmachen, das heißt, dass wir selbst entscheiden können, ob wir mitmachen wollen oder nicht; aktiv sein, das heißt, dass wir Mitsprache haben bei der Aufstellung von Regeln in unserer Wohngruppe; Meinungsäußerung zu jeder Zeit und miteinander Reden und Zuhören. Beteiligung ist für uns wichtig, um in einer gesetzlich (SGB IV) vorgeschriebenen und definierten Wohngruppe harmonisch miteinander leben zu können. Beteiligung braucht eine vorgegebene Form und einen festgelegte Struktur.

Wir alle leben in Wohngruppen, Verselbständigungs-Wg`s, SOS-Kinderdörfern und kommen aus Zwickau, Kamenz, Dresden und Treuen. Aus ganz unterschiedlichen Gründen können wir nicht mehr zu Hause leben. Wir haben das Recht auf Unterstützung bei unseren alltäglichen Aufgaben, Gleichbehandlung, gewaltfreie Erziehung, Mitbestimmung und Privatsphäre.

In unseren Einrichtungen erleben wir viel Scheiße, aber auch relativ viel Spaß und Gruppenaktionen - manchmal ist nicht ganz so viel los, manchmal ist es viel zu viel - Auf jeden Fall erfahren wir viel über uns und über die Anderen und lernen, die Dinge selbst zu organisieren.

Wir kennen Beispiele von Kindern und Jugendlichen, die in ihren Einrichtungen ihre Rechte nicht bekommen, strenge Regeln erleben, nicht beteiligt werden, unzufrieden sind, nicht mitreden dürfen, sich unwohl fühlen und nicht glücklich sind.

Wir finden das nicht in Ordnung.

Wir haben in Einrichtungen das Recht auf Freiheit, auf Persönlichkeit, auf Mitsprache, auf Freizeit, auf freie Meinungsäußerung, auf Bildung, auf Beteiligung, auf Finanzregelung, auf eine feste Unterkunft, auf Privatsphäre, auf den freien Zugang von Nahrungsmitteln, auf körperliche Unversehrtheit und auf Ruhe.

Das Jugendamt wacht darüber, dass in den Einrichtungen alles nach Recht und Gesetz läuft. Wir erwarten von dem Jugendamt, dass sie uns ernst nehmen, dass sie uns bei Hilfeplangesprächen besser zuhören und auch auf unsere Wünsche eingehen, nicht nur auf das, was die Betreuer sagen, dass sie uns bei allem unterstützen, wo sie können und auch mal zum Geburtstag gratulieren und dass sie sich um uns sorgen und sich an das Gesetz halten, dass sie uns auf dem weiteren Lebensweg bis zum Auszug helfen, dass sie uns Hobbys und andere Aktivitäten genehmigen.

Wir haben Rechte und wollen diese umgesetzt und eingehalten haben. Wir haben Rechte und wollen Fürsorge, Freiheit, dass uns zugehört wird und wir wollen geschätzt werden.

Dresden im Mai 2016