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Kinder und Jugendliche mit regulärem Austritt vs. mit Abbruch der Platzierung

Unterschiede in Verlaufsdaten. Beitrag aus der EQUALS-Forschung von Nils Jenkel, Martin Schröder, Nina Kind

Die letzten Beiträge aus der EQUALS-Forschung behandelten die Abbruchraten (25% bis 45%) und Risikofaktoren für Abbrüche (Verlust, «Heimkarriere», Alkohol & Drogen) in der Heimerziehung. Nun wurden die Verlaufsdaten dieser Kinder und Jugendlichen analysiert. Unterscheiden sich die Verläufe von denjenigen, die regulär ausgetreten sind, von denjenigen mit einem Abbruch?

Gibt es während des Aufenthaltes in der Institution messbare Unterschiede in ihrer Kompetenzentwicklung und Veränderung der Selbstwirksamkeitserwartung? Die Auswertungen beziehen sich auf EQUALS-Daten aus mehreren, unterschiedlichen sozialpädagogischen Institutionen.

Methode

Zur Beantwortung der Fragestellung wurden alle Daten von Kindern und Jugendlichen herangezogen, die als Austritt gemeldet wurden und bei welchen eine Verlaufserhebung der partizipativen Kompetenzeinschätzungen und/oder eine Selbstbeurteilung zur allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) vorlagen. Somit ergibt sich eine Stichprobe von insgesamt 109 Kindern und Jugendlichen im Alter von 7 bis 22 Jahren aus 27 sozialpädagogischen Institutionen aus der Schweiz und Deutschland. Im Durchschnitt lagen 14 Monate zwischen der ersten und der letzten Erhebung. Um die Verläufe unter den regulären Austritten mit den Abbrüchen zu vergleichen, wurde ein allgemeines lineares Modell mit Messwiederholung (und einem angenommenen Signifikanzniveau von p > .05) gerechnet.

Ergebnisse

1. Kinder und Jugendliche, die regulär ausgetreten sind, haben sich im Verlauf der Platzierung in fast allen Bereichen positiv entwickelt: Mit Ausnahme der «Beziehungsfähigkeit» sind die Fortschritte in den Kompetenzbereichen «Kommunikationsfähigkeit», «Konfliktmanagement», «Umgang und Ausdruck von Gefühlen», «Verbindlichkeit/Zuverlässigkeit», «Selbständigkeit/Autonomie», «Verhalten in der Schule/Ausbildung» und «Empathie» statistisch signifikant. Unter den Kindern und Jugendlichen mit späteren Abbrüchen sind diese Erfolge hingegen ausgeblieben.

2. Kinder und Jugendliche, welche später regulär ausgetreten sind, hatten bei der ersten Erhebung in der «Verbindlichkeit/Zuverlässigkeit» ein durchschnittlich höheres Kompetenzniveau, als diejenigen mit einem späteren Abbruch. In den Verläufen sind dann die Unterschiede in der «Selbstständigkeit/Autonomie» am stärksten.

3. Nur Kinder und Jugendliche, welche die Platzierung regulär beenden konnten, gaben im Verlauf höhere Werte im SWE (Selbstbeurteilung zur Selbstwirksamkeitserfahrung) an. Das heisst, ihr Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten, Schwierigkeiten im Leben zu meistern, hatte eine Stärkung erfahren. Bei den späteren «Abbrechern und Abbrecherinnen» war dies nicht der Fall.

Den Text mit einer Visualisierung der Ergebnisse können Sie sich auch hier herunterladen.

Diskussion

Was bedeuten die Ergebnisse? Auf der positiven Seite kann gesagt werden, dass bei Kindern und Jugendlichen, die regulär ausgetreten sind, besonders fundamentale Ziele der Heimerziehung erreicht wurden: Sie haben Fortschritte in den Kompetenzen erreicht, die eine Grundlage zur eigenständigen Lebensführung und gelungenen sozialen Interaktionen darstellen und trauen sich zunehmend zu, künftig allfällige Schwierigkeiten aus eigener Kraft zu bewältigen. Die späteren «Abbrecher und Abbrecherinnen» hingegen erzielten keine vergleichbaren Fortschritte. Hier liesse sich eher negativ betrachtet folgern, dass es uns Fachpersonen bei einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen oft noch nicht gelingt, diese «ins Boot zu holen». Die Ergebnisse legen nahe, dass es diejenigen sind, die von Beginn an als besonders wenig zuverlässig wahrgenommen werden.

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